Die Radsportler der Innsbrucker Schwalben bewegen sich azyklisch, aber den gesundheitlichen Verordnungen entsprechend, durch die Pandemie.
Rund ein Jahr ist vergangen seit dem ersten Lockdown im März 2020, der Blick zurück offenbart eine für den Nachwuchs-und Amateursport schwierige, zuweilen wohl auch existenzbedrohende, Zeit. Wenn Turnhallen schließen und Outdoor-Sport bis auf ganz wenige Ausnahmennicht erlaubt ist, bleiben die Mitglieder fern und kommen – vielleicht – gar nicht mehr zurück. Das österreichische Sportministerium fördert deswegen nicht nur den Spitzensport, sondern auch den Breitensport aus einem NPO-Topf. Vor allem aber zählt(e) das Engagement und der Innovationsgeist der Vereine.
Ein Beispiel von vielen sind die Innsbrucker Schwalben, ein Radsportverein mit 120-jähriger Tradition. Sie haben den ersten und zweiten Weltkrieg und die darauf folgenden Hungernöte überlebt, in ihrer Vereinschronik steht geschrieben, dass Freunde und Kollegen in den Krieg mussten, und dass die Aktivitäten des Klubs gegen Null tendierten. Wenige Kameraden kehrten zurück, die Trendwende war schwierig, doch sie wurde vollzogen. In den 1970er- und 1980er-Jahren waren die „Schwalben“ ein Aushängeschild des österreichischen Radsports, später prägten Namen wie Mario Traxl, Georg Totschnig, Stefan Denifl die Szene.
Vielleicht liegt es in der DNA des Vereins, der durch dick und dünn gegangen ist, vielleicht stimmt einfach auch nur der Satz, den Schriftführer Klaus Dengg bemüht: „Mit dem Wind kann man immer segeln. Wenn er aber von der Seite kommt, dann zeigt sich, wer wirklich segeln will.“ Vor einem Jahr hatten die Innsbrucker Schwalben die kommenden Monate geplant, wollten elf Touristik-Ausfahrten organisieren, Lizenzfahrer und -fahrerinnen zu Wettbewerben entsenden, gemeinsam mit den Radfreunden aus Inzing den ASVÖ Kids Cup ausrichten, und, und, und.
Die Teilnahme am Hungerburgrennen, einem Klassiker in Innsbruck, war geplant – und dann wurde der Event abgesagt. „Das kam überraschend, das war richtig drastisch“, sagt Dengg. „Von einem Moment auf den anderen fiel der Vorhang.“ In weiterer Folge war die Westautobahn eher leer als voll, und Gemeindegrenzen durften nicht überschritten werden. Bis Mitte des Sommers jagte eine Rennabsage die nächste, der große Sieger war immer derselbe: Corona.
Es spricht für den Verein, dass er sich nicht unterkriegen hat lassen. Neun von elf Touristik-Ausfahrten wurden unter Einhaltung aller Gesundheitsregeln durchgeführt. Schlauchtücher, die man in Vor-FFP2-Zeiten als Masken verwenden durfte, wurden mit dem Vereinslogo hergestellt und an die Mitglieder verteilt. Die Jugendabteilung erlebte eine Renaissance, sie organisierte nach Jahren wieder eigene Trainings. Und Katja Neuner wurde, aufgrund der Qualität des Feldes wohl etwas überraschend, Tiroler Bergmeisterin. „Wir kämpften nicht gegen die Auflösung“, strahlt Dengg, „im Gegenteil, unsere Mitgliederzahl wuchs! Eigentlich sind wir in Corona-Zeiten azyklisch unterwegs.“ Erfolgreich gegen den Wind, quasi.
Seit Dezember gibt es anstelle des Trockentrainings in der Halle nun jeden Mittwoch eines via Skype, auch Vorstandssitzungen werden virtuell abgehalten. Im April will man wieder auf die Straße, wenn es denn erlaubt ist. Denn dies ist den Innsbrucker Schwalben wichtig zu unterstreichen: Was immer sie machten in den letzten zwölf Monaten, stand im Zeichen kollektiver Anstrengungen gegen die Pandemie. Desinfektionsmittel und Papierhandtücher gehörten quasi zur Pflichtausrüstung, Schals oder Masken waren und sind immer dabei. Und eigentlich ist der Kampf gegen die Pandemie vergleichbar mit einem Mannschaftszeitfahren im Radsport. Da wie dort gewinnt man nur als Team, und niemals als Einzelne oder Einzelner.